Polsterkrapfen
Küchla, Kiechla, evangelische Krapfen
Krapfen, Küchla oder Kiegla werden in Oberfranken nicht nur in großer Zahl, sondern vor allem in vielen Varianten gebacken. Fast jede Region und zahlreiche Ortschaften haben sorgsam gepflegte, eigene Traditionen und Rezepturen. Zu den nicht nur kuriosen, sondern kulturgeschichtlich hoch interessanten Unterscheidungen gehört die Frage, ob es sich um evangelische oder katholische Krapfen oder Küchla handelt. Manchmal unterscheiden sich katholische und evangelische Krapfen einfach nur nach der Art und Weise wie das Fenster von unten (katholisch) oder von oben (evangelisch) gezuckert wird. In der Fränkischen Schweiz haben evangelische Küchla häufig die rechteckige Form eines kleinen Kissens. Sie bestehen aus einem dünn ausgerollten Hefeteig, der im heißen Fett sofort stark aufgeht. Man begießt sie mit Fett, wendet sie einmal um und serviert sie als kleine, wunderbar leichte und knusprige Köstlichkeit mit etwas Puderzucker überstäubt.
Zu den kulturgeschichtlichen Besonderheiten der oberfränkischen Kulinarik gehört es, dass man viele Gerichte nicht nur nach ihrer regionalen Zugehörigkeit, sondern vor allem auch nach dem religiösen Bekenntnis der jeweiligen Bewohner unterscheiden kann. Wie bei der fränkischen Bratwurst, dem Leitprodukt unserer heimischen Metzger, ist dies auch bei dem traditionsreichen Festtagsgebäck der Küchla, Kiechla oder Krapfen der Fall. Dabei wäre es ein Klischee, zu glauben, der Protestantismus sei gegenüber dem katholischen Überschwang sinnenfeindlich und asketisch eingestellt. Charakteristisch für viele protestantischen Gemeinden Oberfrankens ist jedoch eine besondere Kultur des Understatements, die auch das Genussthema zurückhaltend diskret behandelt. Gut essen und trinken, bedeutete hier, kein Aufheben darum zu machen, Maß zu halten und jegliche Opulenz zu vermeiden.
So begegnete man in den fränkischen protestantischen Gemeinden allzu üppigen Festtagsgenüssen mit einer letztlich moralisch begründeten Distanz. Feine Speisen konnten sich aber dennoch zu kulinarisch raffinierten, wenngleich flüchtigen Gaumenfreunden entwickeln, die weder Körper noch Geist belasteten.
Dies zeigen vorzüglich die evangelische Variante der Festtagskrapfen, die heute noch in einigen protestantischen Gemeinden der fränkischen Schweiz gebacken wird. Sie bestehen aus einem deutlich dünneren, und auch weniger üppigen Hefeteig als die (katholischen) ausgezogenen Krapfen, der aber im heißen Fett sofort stark aufgeht und sich zu einer wunderbar knusprigen Köstlichkeit entwickelt. Man bäckt die evangelischen Krapfen heute noch vor einem familiären Fest zu hause oder bestellt sie bei einer erfahrenen Küchla-Bäckerin. Auch der Brauch, sie in der Nachbarschaft auszutragen, hat sich erhalten.
Aufbewahrung / Haltbarkeit:
Küchlein wurden ursprünglich am Tag vor dem jeweiligen Fest gebacken. Auch wenn sie frisch natürlich am knusprigsten schmecken, lassen sie sich in einer verschlossenen Dose auch ein bis zwei Tage aufheben. Gut verpackt kann man sie auch einfrieren.
Jahreskalender:
Sie können die Spezialität ganzjährig genießen.
Genusstipp:
Wie Krapfen allgemein, werden auch die evangelischen Küchlein gerne zum Kaffee gegessen. Man zuckert sie erst kurz vor dem Verzehr.
Autoren:
Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt, Rezept Margarete Alt.
Rezept
Zutaten:
5 kg Mehl, 1 Pfund Zucker, 1 Pfund Butter, 5 Würfel Hefe, 10 Eier, ca. 1 (1/4) l Milch
oder
1 kg Mehl, 100 g Zucker, 100 g Butter, 1 Würfel Hefe, 2 Eier, ca. 1/4 l Milch
ausreichend Butterfett zum Ausbacken.
Zubereitung:
Aus den Zutaten wird ein Hefeteig hergestellt, der gründlich geknetet wird. Der Teig soll geschmeidig sein und sich gut ziehen lassen. Dann lässt man ihn ruhen, bis er gut aufgegangen ist. Man rollt ihn auf einer mit Mehl bestäubten Platte dünn (0.5 cm) aus und radelt mit dem Teigrädchen rechteckige Flecken (etwa 7-10 cm) aus. Diese legt man auf ein mit Mehl bestäubtes Küchentuch, deckt sie zu und lässt sie nochmals kurz gehen.
Nach einem alten Spruch soll man von einem viereckigen Küchlein nicht weg gehen. Dies bedeutet, dass die Verarbeitungszeit der Teigstückchen relativ kurz ist. Man erhitzt in der Zwischenzeit das Fett in einem geeigneten Topf. Wenn es heiß ist, lässt man ein Teigstück hinein gleiten und übergießt es sofort mit einem Schöpflöffel mit heißem Fett. Das Küchlein geht sehr schnell polsterartig auf. Wenn die Unterseite schön goldbraun ist, dreht man es um und begießt es auch von der Unterseite. Dann nimmt man es heraus und lässt es auf Küchenpapier abtropfen. Gezuckert wird erst unmittelbar vor dem Verzehr.