Soßenkuchen
Soßenlebkuchen
Kaum ein Produkt belegt so deutlich den alteuropäischen Charakter der oberfränkischen Küche wie der Soßenkuchen. Man verwendet ihn zum Würzen und sämigen Binden vor allem der Sauerbratensauce sowie zu anderen dunklen Soßen oder auch zur Zubereitung verschiedener süßer Speisen. Die typische Verwendung von unterschiedlichen Gewürzmischungen aus Zimt, Nelken, Piment, Koriander, Kardamom, Muskatnuss, Macis oder Anis und Ingwer, die auch für die bekannteren weihnachtlichen Lebkuchen typisch ist, überliefert in der fränkischen Küche Geschmacksgewohnheiten, die mit den heutigen jahreszeitlichen Festlegungen nichts zu tun haben.
Soßenkuchen oder Soßenlebkuchen ist ein mit Karamelzuckersirup leicht gesüßter Gewürz(leb)kuchen, der zur Verfeinerung und Bindung dunkler Saucen dient. Traditionell verwendet man ihn zum fränkischen Sauerbraten, zu Rinderbraten, Wildgerichten und zum Karpfen. Er besteht im Wesentlichen aus derselben Gewürzmischung (Zimt, Nelken, Piment, Koriander, Kardamom, Muskatnuss, Macis und ev. Anis und Ingwer) wie Oblaten- oder Elisenlebkuchen und wird verhältnismäßig fest und trocken gebacken. Um ihn zu verwenden, schneidet man ihn fein auf und löst ihn in Brühe, Wasser oder Wein zu einem sämigen Brei auf. Anschließend rührt man ihn mit dem Schneebesen an die Sauce.
Wer mit der fränkischen Küche nicht vertraut ist, wird sich über die Verwendung dieser heute so typischen „Weihnachtsgewürze“ wundern. Tatsächlich überliefern sich darin Geschmacksgewohnheiten der alteuropäischen Küche, die bis ins Mittelalter zurückgehen. So würzte, wer es sich leisten konnte, in früheren Zeiten auch den Wein, manche Kohlarten oder kleine Kuchen (Pfeffernüsse und Lebkuchen), die zu Bier oder Wein gegessen wurden. Ähnliche Rezepturen wie sie die fränkische Küche kennt, findet man z.T. auch heute noch in den Ländern der alten KuK-Monarchie, in Polen, Tschechien, in der Slowakei und in Siebenbürgen.
Orientalische und asiatische Gewürze wie sie im Soßenkuchen enthalten sind, waren in früheren Zeiten kostbar und teuer. Handel und Beschaffung lag in den Händen großer Handelshäuser mit entsprechenden Verbindungen in ferne Länder. Daher war das Würzen von Fleisch und anderen Speisen mit Zutaten aus nicht europäischer Herkunft nur den wohlhabenden Schichten vorbehalten. Erst mit dem 19. Jahrhundert vereinfachten sich die Beschaffungsmöglichkeiten aus den britischen und niederländischen Kolonien, so dass Gewürze nun zu erschwinglichen Preisen nach Europa gehandelt wurden. Gleichzeitig wurde es auch den Bäckern nach dem Fall der Zunftbeschränkungen erlaubt, Produkte wie z.B. Lebkuchen herzustellen, die bis dahin nur den Lebküchnern vorbehalten waren. Soßenkuchen konnte man daher früher wie Knödelbrot oder Zwieback ganz einfach beim Bäcker kaufen. Inzwischen wird der würzigen Kuchen in Oberfranken nur noch von der Firma Heinrich Leupoldt in Weißenstadt im Fichtelgebirge hergestellt.
Offenlegungsdatum:
Soßenkuchen wird in Weißenstadt im Fichtelgebirge seit 1905 produziert. Das Produkt an sich ist aber älter und wurde früher in vielen regionalen Bäckereien angeboten.
Aufbewahrung / Haltbarkeit:
Soßenkuchen lässt sich trocken über lange Zeit aufbewahren.
Jahreskalender:
Sie können die Spezialität ganzjährig genießen.
Genusstipp:
Soßenkuchen eignet sich auch als würzige Grundlage für verschiedene Süßspeisen wie Konfekt, Parfaits und Soufflés als Zutat für Gewürzwaffeln, Füllung für Bratäpfel oder als schneller Kuchenboden z.B. für Kirschtorten. Wer ihn kennt, verwendet ihn gerne zu immer neuen Kreationen.
Literatur:
Heinrich Leupoldt KG, Rezepte mit Soßenkuchen, die Lebkuchenspezialität für die kreative Küche, Weißenstadt 2007
Autoren:
Genussregion Oberfranken, Fotos Martin Bursch und Uta Hengelhaupt, Textbearbeitung Uta Hengelhaupt, Rezepte aus: Heinrich Leupoldt, Rezepte mit Soßenkuchen, Weißenstadt.
Rezept
Zutaten:
Weizenmehl, Karamelzuckersirup, Zucker, Lebkuchengewürze
Dunkle Soße mit Soßenkuchen zum Braten
Zutaten:
1 l Fleischbrühe, 2-3 Lorbeerblätter, 4 – 5 Wacholderbeeren, 1/8 l Essig, 3 Eßl. Zucker, 1 Schuß Rotwein
1 Stück Soßenkuchen, wahlweise Zwiebeln und Karotten.
(Rezeptur aus: Heinrich Leupoldt, Rezepte mit Soßenkuchen, S. 4)
Zubereitung:
Die Rezeptur ergibt eine würzige Soße, die vorzüglich zum fränkischen Sauerbraten passt.
Für Wild, Rinder- oder Ochsenbrust würzt man den Sud mit Zwiebeln, Möhren und anderem Wurzelwerk und reduziert die Zugabe von Lorbeer und Wacholder nach Geschmack. Man beizt das Fleisch zunächst mit den beschriebenen Zutaten (Essig, Lorbeer und Wacholder) 2 – 3 Tage.
Dann lässt man das Fleisch mit etwas Beize behutsam schmoren und gießt ev. ab und zu Beize nach.
Für die Zubereitung der Soße verwendet man diesen Bratensud. Man schneidet den Soßenkuchen klein, weicht ihn in Rotwein ein und gibt ihn an den Sud. Dann passiert man alles durch ein Sieb, lässt die Soße nochmals aufkochen und schmeckt mit Zucker ab.
Dunkle Soße mit Soßenkuchen zu Karpfen
Zutaten:
Für ca. 2-3 Pfund Karpfen
Fischfond (= Blausud aus 2,5 l Wasser, 1/8 l Weißwein, Essig nach Geschmack, 80 g Sellerie, 80 g Lauch, 80 g Karotten, 1 Zwiebel, 3 Pimentkörner, 6 Wacholderbeeren), Salz, Pfeffer, 50 g Zucker
1/2 l dunkles Bier, 2 Stück Soßenkuchen.
Zubereitung:
Man bereitet zuerst einen Fischsud aus 2,5 l Wasser zu, in den man das Gemüse klein geschnitten hineingibt sowie Essig nach Geschmack, etwas Weißwein und Salz. Leicht aufkochen lassen; den Karpfen der Länge nach halbieren, die Innereien entfernen und gut abwaschen. Den Karpfen in den kochenden Sud setzen und blau ziehen lassen (etwa 20 Min.). Insgesamt die Haut nicht zu sehr drücken, da sie sich sonst nicht einheitlich blau färbt.
In der Zwischenzeit die Soße zubereiten. Dazu weicht man den Soßenkuchen in einem Teil des Bieres auf. Wenn der Fisch gar ist reduziert man 1 Liter des Suds mit den Gemüsestreifen um ein Drittel, gibt den eingeweichten Soßenkuchen zum Binden dazu und gießt das restliche Bier auf. Alles durchrühren, nochmals aufkochen und über den angerichteten Karpfen gießen.
Rezept aus: Heinrich Leupoldt, Rezepte mit Soßenkuchen, S. 6 – 7.