Fichtelgebirgs-Pumpernickel
Redwitzer Pumpernickel
Aus dem ehemals zu den Ländern der Habsburger Monarchie gehörenden Marktredwitz ist eine Spezialität mit ungewöhnlichem Namen überliefert: das Fichtelgebirgs- oder Redwitzer Pumpernickel. Dabei handelt es sich um eine sehr feine Lebkuchenspezialität aus allerbesten Zutaten wie Mandeln, Honig und ausgewählten exotischen Gewürzen. Die Rezeptur war schon weit vor 1800 in Marktredwitz bekannt und wurde von den am Ort ansässigen Lebküchnern, unter denen Wiener Zuckerbäcker vermutet werden, hergestellt. Dies soll auch der originelle Name „Pumper(l)nickel“ andeuten, der auf die gesundheitsfördernde Wirkung des feinen Gebäcks anspielen könnte („pumperl gsund“). Die gleichnamige Bezeichnung für das dunkle westfälische Schwarzbrot wird dagegen mit der abwertenden Bezeichnung durch einen napoleonischen Soldaten in Verbindung gebracht (bon pour Nickel = gerade gut genug für Nickel). Wahrscheinlicher scheint aber eine gemeinsame Ableitung aus der lateinischen Bezeichnung „bonum paniculum“ für gute (nahrhafte) kleine Brote, wie sie z.B. auf Kosten der Stadt Osnabrück während einer Hungersnot im 15. Jahrhundert gebacken wurden. So scheint es denkbar, dass man diesen Begriff auf die wohlschmeckenden gewürzten Kuchen (= Lebkuchen) übertrug, denen ebenfalls eine gesundheitsfördernde bzw. erhaltende Wirkung nachgesagt wurde.
Die außerordentlich wohlschmeckenden Redwitzer Lebkuchen wurden nach sicherer Überlieferung im 19. Jahrhundert von der am Ort ansässigen Hagen’schen Konditorei hergestellt. Dies überliefert 1925 der Verleger und Herausgeber des Sechsämterboten, Heinrich Beer aus Wunsiedel, in einer Erzählung aus seiner Jugendzeit, in der er den verführerischen Duft und Geschmack der Hagen’schen Pumpernickel lobt. Nach 1903 übernahm der Konditoreimeister Gustav Riedel das Rezept der Familie Hagen, 1950 ging es an die Familie Schultheiß über, die unter dem Firmennamen „Hotel Bairischer Hof mit Conditorei Café Riedel“ noch heute feinste Fichtelgebirg- Lebkuchen nach der mehr als 200 Jahre alten Originalrezeptur herstellt.
Lebkuchen gelten heutzutage als Inbegriff des Weihnachtsgebäcks. Die kulinarischen Gewohnheiten früherer Zeiten kombinierten dagegen den anregenden Geschmack der würzigen Kuchen als Genussmittel auch ganzjährig gerne mit Bier und Wein oder einer Tasse Tee und Kaffee. Bevor man also Salzgebäck oder Kartoffelchips kannte, verzehrte man in geselliger Runde gewürzte Kuchen und andere Kleingebäcke, wie z.B. auch die in Bad Berneck und Bayreuth bekannten Pfeffernüssla.
Freilich waren die in diesen aromatischen Kuchen enthaltenen exotischen Gewürze wie Anis, Sternanis, Zimt, Nelken und Muskat sowie manchmal auch Orangeat und Zitronat sehr kostbar und blieben deshalb nur einer wohlhabenden Schicht vorbehalten, die sich derartige Genussmittel leisten konnte. Erst mit der Ausweitung des Kolonialwarenhandels im 19. Jahrhundert wurden Gewürze von englischen und holländischen Kompanien weltweit zu erschwinglicheren Preisen gehandelt und nahmen damit ihren Einzug auch in die etwas alltäglichere Küche.
Im gleichen Zeitraum wandelte sich der ursprünglich streng durch das Reglement der Zünfte kontrollierte Beruf des Lebzelters in den des Feinbäckers, Zuckerbäckers und Konditors, der für seine kunstvollen Kreationen neben den exotischen Gewürzen weitere, bis dahin kaum erschwingliche Rohstoffe wie Zucker, nun aus Rübenzucker, feines Mehl, Kartoffelstärke und Schokolade verwendete. Häufig führten die Konditoren auch ein eigenes Kaffeehaus nach Wiener Vorbild, das sich im 19. Jahrhundert zum Inbegriff der bürgerlichen Genusskultur entwickelte.
So überliefert das Fichtelgebirgs-Pumpernickel gleich in mehrfacher Hinsicht Geschichte pur. Aber auch unabhängig davon sind die länglich geformten und mit einem feinen Zuckerüberzug versehenen Lebkuchen einfach ein köstliches Geschmackserlebnis, das die kulinarische Vielfalt Oberfrankens zweifellos um eine weitere Besonderheit ergänzt. Wer also das so deutlich von Geschichte und Kultur des ehemals habsburgischen Egerlandes geprägte Marktredwitz besucht, sollte nicht versäumen, das nur hier angebotene Fichtelgebirgs-Pumpernickel zu probieren.
Aufbewahrung / Haltbarkeit:
Man kann sich das Fichtelgebirgs-Pumpernickel auch auf dem Postweg zuschicken lassen. Aufbewahren sollte man die guten Lebkuchen in einer sicher verschließbaren Blechdose zusammen mit einem Lagerapfel. So behält das Gebäck seine zarte und saftige Konsistenz.
Jahreskalender:
Sie können die Spezialität ganzjährig genießen.
Genusstipp:
Die überlieferte Kombination feiner Lebkuchen zu gutem Rotwein oder einem würzigen Bier hat auch heute noch ihren Reiz. Wer Lust zu kulinarischen Experimenten hat, sollte dies einmal mit einem angenehm würzigen, aber nicht zu süßen Fichtelgebirgs-Pumpernickel probieren. Übrigens verwenden auch viele Gewürz– und Bitterliköre, die man traditionell in ganz Oberfranken herstellt, ähnliche Gewürzkombinationen, die sich verstärken, wenn man dazu ein Fichtelgebirgs-Pumpernickel verzehrt.
Autoren:
Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt
Rezept
Zutaten:
Fichtelgebirgs-Pumpernickel wird aus Weizen- und Roggenmehl, Zucker, Honig, Wasser, Orangeat, Mandeln, Mandelmarzipan sowie feinen Gewürzen wie Nelken, Zimt, Kardamom und Muskat hergestellt.