Haßberge: Gemma zu Välta. Ein Wanderweg durch die kulinarische Landesgeschichte am Rande der Haßberge
Fränkische Hassberge, Landkreis Bamberg
Eine schöne Wanderung mit attraktiven Einkehrmöglichkeiten führt über die Höhen am südwestlichen Rand der Haßberge im Landkreis Bamberg, vorbei an zahlreichen Sehenswürdigkeiten der regionalen Landes- und Genussgeschichte. Denn in Oberfranken sind Essen und Trinken nicht nur Teil der allgemeinen kulturellen Identität. Sie sind vielmehr auch anschauliche Zeugnisse der geschichtlichen Entwicklung unserer Region, die sich damit sowohl mit Messer und Gabel, wie zu Fuß oder per Rad erforschen lässt.
Der nachfolgend beschriebene Wanderweg „zum Välta“ wurde vom VGN (Verkehrsverbund Großraum Nürnberg GmbH) entwickelt und lässt sich sowohl vom Bahnhof Baunach (R 26) wie vom Bahnhof Oberhaid (R 15) aus starten. Von beiden Bahnhöfen aus hat man Anschluss ins regionale und überregionale Netz der Deutschen Bahn.
Auf den Internetseiten des VGN findet sich unter „http://www.vgn.de/wandern/vaelta/“ eine vollständige Streckenbeschreibung mit Karte und GPS-Daten. Wir möchten Ihnen zusätzlich noch einige Informationen zur abwechslungsreichen Kulturlandschaft in dieser Region geben und folgen der Wegbeschreibung ab dem Bahnhof Oberhaid. Von hier aus läuft man in nördlicher Richtung über die Steiggassse und die Judenstraße, quert die Bamberger Straße und geht durch die Brünnleinsgasse bis zur Johannishofer Straße. Dieser folgen wir nach rechts in Richtung auf die Sportanlagen und gehen dann weiter in Richtung Norden ortsauswärts bis zu einem Parkplatz am nahen Wald. Links am Waldrand tauchen neben einer Info-Tafel des Naturparks Haßberge die ersten Wanderzeichen auf. Die hölzernen Wegweiser Rennweg und Mönchsee weisen den Weg.
Oberhaid gehört übrigens mit seinen Ortsteilen Unterhaid, Staffelbach, Johannishof und Sandhof zu den ältesten urkundlich bekannten Orten in ganz Franken (1983 feierte man das 1200-jährige Jubiläum). Im Herzen des Flussparadieses Franken gelegen, dort wo sich Main und Regnitz vereinen und die Grenze von Bier- und Weinfranken nahtlos ineinander übergeht, bietet die herrliche Lage im Naturpark Haßberge vielfältige Möglichkeiten einer naturnahen Freizeitgestaltung und lädt auf vielen Wegen zum Radfahren und Wandern ein. Zwei Brauereien, mehrere Heckenwirtschaften und weitere gastronomische Betriebe bieten ein reichhaltiges Angebot zum Verweilen. (http://www.frankentourismus.de/orte/oberhaid-639/). Das historische Rathaus in Unterhaid ist ebenso sehenswert wie die Friedhofskapelle „Mater Dolorosa“ und die Pfarrkirche in Oberhaid, die das Ziel der alljährlichen „Oberhaider Wallfahrt“ ist.
Auch wenn man dem Rennweg nur eine kurze Strecke folgt, verbleiben wir doch in seinem Einzugsgebiet. Grund genug, die Bedeutung dieser uralten Wegeverbindung kurz zu würdigen: Der mittelalterliche Kurier- und Eilbotenweg von Bamberg nach Fulda nimmt seinen Verlauf im Gemeindegebiet, aus Richtung Dörfleins kommend, unterhalb von Sandhof durch das Mönchsseeholz, dann auf den Hügeln oberhalb Staffelbachs und Unterhaids weiter ins Unterfränkische. Als kleiner Bruder des bekannten Rennsteiges im Thüringer Wald zieht auch diese uralte Verkehrsverbindung über die Gebirgskämme und verband u.a. das aus karolingischer Zeit stammende Kloster Fulda mit seinen Besitzungen am Main und der Pfalz in Forchheim. Auch als (Salz-)Handelsweg hatte der Rennweg Bedeutung. Die Beschaffenheit des Weges als Kammweg, wie auch zahlreiche frühgeschichtliche Funde und Anlagen an oder in seiner Nähe lassen aber den Schluss zu, dass es sich um einen bereits seit der Vorzeit begangenen Weg handelt. Zur Zeit Karls des Großen stellte der Rennweg eine Grenze zwischen dem westlich gelegenen Frankenreich und dem östlichen, von Slawen und Wenden besiedelten Gebieten dar. Wissenswertes zum Rennweg finden Sie unter: https://www.naturpark-hassberge.de/detail/id=5fbbba07e272a26e58da2194
Vom Mönchsweiher, einem alten Fischweiher, bis hinter Sandhof folgt man nun den Markierungen „Mainweg“ und „Burgen- und Schlösser-Weg“ in nordwestliche Richtung bis zum Sandhof. Im Jahre 1497 erstmals erwähnt, bekam dieser seinen Namen von dem sandigen Untergrund in dieser Gegend. Anfang des 17. Jahrhunderts bestand das Anwesen aus einem Gutshaus, einem Taglöhnerhaus, zwei Kornspeichern sowie einem Schafstall und diente dem Bamberger Jesuitenorden als Einkommensquelle und Wohnsitz. Zu den Besitztümern gehörten auch verschiedene erhaltene Fischweiher. Die im Jahre 1713 erbaute erste Kapelle außerhalb der Ringmauer wurde 1759 durch die heute noch vorhandene Franz-Xaver-Kapelle ersetzt. Seit 1960 ist der Sandhof in Privatbesitz.
Auf dem Wiesenstück geht es neben der Straße bis zum Ende des Weihers entlang, dort dann nach rechts. Hier begleitet uns ein Stück die geologische Route des Naturparks Haßberge durchs Reich des Ameisenlöwen (Infotafel: Exkursionspunkt 6), die bald wieder in den Wald hineinführt. In nördlicher Richtung geht es zunächst durch den Wald und anschießend über Obstwiesen und Ackerterrassen, die dem mittelalterlichen Landschaftsprofil dieser Region entsprechen, ins Tal nach Appendorf. Wer jetzt schon eine Pause einlegen möchte, wendet sich am Ortseingang nach links in Richtung Baunach. Kurz vor dem Ortsende liegt hier das urige Brauerei-Gasthaus „Zum Välta“ mit seinem schönen Biergarten und Bayerns größter privater Musikinstrumentensammlung. Der Name des „Välta“ leitet sich von Valentin, dem Name eines früheren Besitzers ab. Die aktuellen Öffnungszeiten sollte man am besten vorher abklären. An so manchem Freitag-Abend gibt es Hausmusik, bei der jeder Gast zum Mitmachen eingeladen ist. Neben regionalen Spezialitäten werden in der Saison Karpfen aus dem Lautertal zubereitet. Gleich neben den Gasträumen befindet sich die vom Wirt liebevoll zusammengetragene Musikinstrumentensammlung.
Gestärkt nach einer zünftigen Einkehr kehrt man auf gleichem Weg zum östlichen Ortsausgang von Appendorf zurück und biegt vor der Lauterbrücke rechts in den Mühlenweg ein. Als Markierung gilt bis zur Raidel-Hütte (2,4 km) ein Eichhörnchen. Für Pilzfreund lohnt sich ein Blick in die Raidel-Hütte. Es geht zunächst an etlichen alten Kelleranlagen, die die alte Art der Vorratswirtschaft auf den Dörfern belegen, entlang und in sanften Bögen bergan bis hin zum Wald-Rundblick über die Haßberge.
Alte Kellerstraßen und Kellerberge sind noch in vielen Dörfern im Landkreis Bamberg erhalten. Meistens wurden sie direkt in den weichen Sandstein geschlagen. Häufig führen gemauerte, steile Kellerhälse in die tiefer gelegene Felskammer, die das ganze Jahr über kühle Lagertemperaturen gewährleistete. Nicht selten dienten die Keller auch zum Einlagern des frisch gebrauten Bieres, das erst nach einigen Wochen Lagerreife trinkfähig wurde. Gelegentlich haben die Einwohner der Dörfer auch heute noch das Recht, das im Lohnbrauverfahren in der örtlichen Brauerei gebraute Bier zu einem Vorzugspreis abzufüllen und zum Reifen in ihre Felsenkeller zu bringen. In Unterhaid ist eine solche Kelleranlage erst 2012 wiederhergestellt und in Betrieb genommen worden. Zum Ensemble gehören auch ein Freisitz und eine Kegelbahn, die vom einstigen geselligen Leben auf den Kellern Zeugnis abgeben.
Rückblickend ins Lautertal erspäht man von der Anhöhe neben typischen Ackerterrassen als Zeugnisse der Landwirtschaft vergangener Jahrhunderten auch einige Fischweiher, die die hier schon in alter Zeit betriebene Fischzucht (z.B. rund um Godeldorf und Godelhof sowie an der Deusdorfer Mühle) belegen. Der Weg führt mäßig ansteigend immer geradeaus bis zu einer großen Kreuzung mit der Raidel-Hütte, einer Schutzhütte mit interessanten Infotafeln über die heimische Pilz-Welt und die Wanderwege im Naturpark Haßberge. Von hier biegt man halbrechts auf einen ansteigenden Pfad in Richtung Baunach (4 km) ab. Als Markierung dienen ein Rehkitz und ein grünes Dreieck. Nach etwa einem Kilometer gelangt man auf teilweise etwas unwegsamen Pfaden, wobei die Richtung dem Grad entlang folgt, zur Burgruine hoch auf dem Stiefenberg.
Leider ist von der ehemals stattlichen Anlage des „Castrum Stufenberch“ nur noch wenig zu sehen. Einzelne Mauerreste und Schuttbänke sowie verschiedene Erdwälle und Befestigungsringe lassen die einstige Größe nur noch erahnen. (Im Folgenden Textauszüge aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Stufenburg). Das dreifache Wallsystem im Westen der Gipfelburg auf dem Stiefenberg könnte auf eine frühmittelalterliche Vorgängeranlage hindeuten. Ein ähnliches, allerdings weitläufigeres, gestaffeltes Wallsystem hat sich auch etwa vier Kilometer südöstlich um die Helenenkapelle bei Baunach erhalten. Derartige Befestigungskonzepte werden oft als ungarnzeitliche Wehranlagen der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts n. Chr. interpretiert. Durch die Tiefenstaffelung der Erdwerke sollten die berittenen magyarischen Bogenschützen auf Distanz gehalten werden. Das nahe Baunach erscheint erstmals 802 in einer Urkunde des Klosters Fulda. Karl Krimm deutete 1974 auch die Vorgängeranlage der Burg Schadeck (im Bereich des Rathauses) zu Baunach als eine mutmaßliche Ungarnschutzburg. Zudem soll auch unterhalb der Stufenburg beim Godelhof ein derartiges Refugium angelegt worden sein, das später zu einer Wasserburg umgestaltet wurde. Die typische Anlage der Erdwerke vor der Stufenburg macht Krimms Angaben sehr plausibel.
Georg Ludwig Lehnes interpretierte 1842 die drei Burgen Stufenburg, Baunach und Taschendorf (Daschendorf) als frühmittelalterliche Grenz- und Schutzburgen gegen die Einfälle der Slawen. Im Gebiet der östlichen Haßberge belegen zahlreiche Ortsnamen die slawische Besiedlung der Region. Die heidnischen Main-Rednitzwenden wurden bereits kurz nach der Gründung des Bistums Bamberg bekehrt und rasch germanisiert. Heute erinnern nur noch die Ortsnamen und einige Sagengestalten (“Pöppel”) an die slawische Vergangenheit des Baunachgrundes.
Im Hochmittelalter gehörte das „Castrum Stufenberch“ ab 1244 zum Besitz der Grafen von Andechs-Meranien. Die Burg soll bereits kurz nach 1196 von einem Ministerialen des Klosters Fulda aus dem Geschlecht der Herren von Stollberg angelegt worden sein, der hierzu durchaus einen älteren Burgplatz ausgewählt haben könnte. Von Westen bietet der Burgstall eher das gut erhaltene Bild einer kleineren, aber stark befestigten frühmittelalterlichen Dorfschutzburg. Ungefähr 1500 Meter westlich der Burg sind die Reste einer weiteren Wehranlage unbekannter Zeitstellung im Gelände erkennbar. Auf dem Plateau der Kernburg sind noch einige Fundamentreste aus großen Sandsteinquadern erhalten. Mehrere Gruben mit Ziegelresten und Steinschutt markieren die Standorte der Burggebäude. Nach der Zerstörung der Burg wurden die verwertbaren Materialien ausgebaut und das Mauerwerk bis auf Fundamentreste abgetragen. Viele Gebäude der umliegenden Ortschaften, darunter die Kirche im Baunacher Ortsteil Dorgendorf, wurden aus den Steinen der Stufenburg gebaut. Um 1980 wurde vor dem westlichen Halsgraben eine Informationstafel aufgestellt. Der Burgstall ist frei zugänglich und über die markierten Rundwanderwege um den Stiefenberg auf Naturwegen gut erreichbar.
Vom Burgplateau aus folgt man zunächst der Wegemarkierung nach Westen in Richtung Baunach. Nach einem kurzen Stück biegt man vom Hauptweg halbrechts in einen Pfad, der allmählich bergab führt. Wieder kreuzt ein Forstweg (Baunach: 2,5 km), über den man jedoch geradeaus bis zum Waldrand (Rastplatz) weitergeht. Auf einem zweispurigen Plattenweg geht es nun talwärts Richtung Baunach. Auch hier bieten sich wieder weitreichende Ausblicke auf beiden Seiten des Weges über alte Ackerterassen und artenreiche Streuobsthänge. Man folgt der Wegemarkierung über den Kutschenweg zur Burgstraße in die Ortsmitte von Baunach. Von dort biegt die Bahnhofstrasse nach Nordwesten ab. Züge der Linie R 26 verkehren von hier in regelmäßigen Abständen Richtung Breitengüßbach, Bamberg und Lichtenfels.
Wer die Wartezeit auf den Zug verkürzen oder sich einfach nochmal stärken möchte, findet in Baunach verschiedene Einkehrmöglichkeiten. Zu den ältesten Gasthöfen am Ort zählt die 1648 gegründete Hausbrauerei Sippel in der Burgstraße 20, die im Sommer auch über einen schattigen Biergarten verfügt. Bis 2010 braute der Sippel als letzte Brauerei in Baunach noch eigenes Bier, heute wird hier das Bier einer Bamberger Brauerei ausgeschenkt. Weitere Gasthöfe sind der „Alte Obleyhof“ und der „Hirschen“.
Kulinarisches:
Entlang der erlebnisreichen Strecke finden sich in der abwechslungsreichen Kulturlandschaft viele Zeugnisse landwirtschaftlicher Nutzung aus vergangenen Tagen. Hierzu gehören die alten Wirtschaftsgüter Sandhof und Godelhof ebenso wie der Kastenhof, der Obleyhof und die Mühlen in Baunach, die verschwundene Stiefelburg oder die zahlreichen alten Vorratskeller und Kellergassen am Rand der Dörfer und Städte.
In Ober- und Unterhaid lässt sich der Übergang von der heute wieder betriebenen, aber an sich älteren Weinwirtschaft zur jüngeren Bierkultur anschaulich nachvollziehen. Im Lautertal wiederum dominiert noch heute die Karpfenzucht. Die zahlreichen Teichanlagen haben eine lange Geschichte, die viele Facetten der großen Landesgeschichte spiegelt.
Die noch gut erhaltenen Ackerterrassen mit einfassenden Hecken an den Hängen des Lautergrundes sind schließlich Relikte der ins Mittelalter zurückgehenden landwirtschaftlichen Nutzung in dieser Region, die zugleich einen hohen ökologischen Wert darstellen.
Wer sich weiter informieren möchte:
https://www.hassberge-tourismus.de/
https://www.vg-baunach.de/
http://frankenland.franconica.uni-wuerzburg.de/login/data/1986_453.pdf
Saison:
ganzjährig
Erlebnis
Haßberge: Gemma zu Välta. Ein Wanderweg durch die kulinarische Landesgeschichte am Rande der Haßberge