Anisbrezen
Brezel, Brezeln, Fastenbrezel, Faschingsbrezel, Wasserbrezen, Eierbrezen
Saisonale SpezialitätDie Anisbreze ist ein typisch oberfränkisches Gebäck, das in Bayern und im übrigen Deutschland nahezu unbekannt ist. Sie wird aus einem Teig ähnlich dem Semmelteig hergestellt, dem reichlich Anis zugegeben wird. Anis stammt als wild wachsende Gewürzpflanze aus dem mediterranen Raum und wurde schon im Mittelalter gerne zum Würzen von Speisen und Getränken verwendet. Traditionell wird Anis zum Backen zwischen dem Andreastag (30.11.) und Aschermittwoch, in manchen Gegenden auch bis Gründonnerstag verwendet.
Die Breze ist eines der bekanntesten Gebildbrote im Bäckerhandwerk; seit dem Beginn des 14. Jhs. bis heute ist sie das Zunftzeichen der Bäcker schlechthin. Brezen wurden aber schon im frühen Mittelalter, vielleicht ursprünglich als Devotionsgebäck in den ältesten Klöstern gebacken. So könnte die Form und auch der aus dem lateinischen Wort „brachiolum“ = Ärmchen abgeleitete Name auf einen Mönch hindeuten, der die Arme zum Beten verschränkt.
Im Gegensatz zur Laugenbreze werden die Arme der oberfränkischen Anisbreze aus einem dickeren, fast gleichmäßigen Strang gezogen. Außerdem wird sie recht hell und weich gebacken.
Anisbrezen haben in Oberfranken, speziell aber in den Regionen um Hof, Stadtsteinach, Schwarzenbach an der Saale, Bayreuth, Bad Berneck, Weidenberg und Creußen eine lange Tradition. Im Brauchtum konzentriert sich die Anwendung von Anis als anregend-stimulierendes Gewürz vor allem auf den Spätherbst und die Wintermonate. So wurden in Norddeutschland Aniskringel zum Erntedank oder zu den (meistens nach der Erntezeit stattfindenden) Hochzeiten gebacken. Neben schleimlösenden und die Magensäfte anregenden Eigenschaften schrieb man dem Anis in vielen ländlichen Gegenden eine aphrodisierende Wirkung zu. Auch deshalb wurde er nach Abschluss der Feldarbeit im Herbst, wenn man sich wieder den häuslichen Pflichten zuwendete, gerne Getränken und Speisen zugemischt. Am Andreastag (30.11.), der deshalb häufig als Hochzeitstag oder als Termin für Liebesorakel gewählt wurde, sollte Anis seine beste Wirkung erzielen.
Mögen es nun diese speziellen Eigenschaften oder die allgemein belegten Heilkräfte der Anispflanze sein, so nimmt die in vielen Gegenden Oberfrankens auch heute noch übliche zeitliche Beschränkung ihrer Verwendung als Backgewürz offensichtlich auf dieses überlieferte Brauchtum Bezug. Anisbrezen gibt es traditionell daher nur in der Zeit vom 30. November bis Aschermittwoch, manchmal auch nur zwischen Weihnachten und Neujahr oder ausgedehnt bis Gründonnerstag. Im Steinachtal, im Ölschnitzgrund sowie in Weidenberg, Bad Berneck und Creußen hat sich der Brauch entwickelt, nach Neujahr oder Dreikönig bis Aschermittwoch oder sogar bis in die Fastenzeit „in die Brezen“ zu pilgern. In dieser Zeit servieren viele regionale Wirtshäuser frische Anisbrezen zu deftigem Essen, wie Braten, Schlachtschüssel mit Kesselfleisch, Blut- und Leberwürsten sowie Krenfleisch und Tellersülze. In früheren Zeiten gab es in dieser Gegend daher zahlreiche Brezenbäcker, die neben ihrem Gewerbe auch einen kleinen Bierausschank führten. Aber auch heute noch werden die würzigen Brezen von vielen traditionsbewussten Bäckern in der Region angeboten.
Offenlegungsdatum:
Brezen werden seit dem Mittelalter in Oberfranken gebacken. Das Brezenbackrecht wurde genau überwacht.
Aufbewahrung / Haltbarkeit:
Brezen sollte man möglichst frisch verzehren oder sofort einfrieren und kurz aufbacken. Altbackene Brezen werden z.B. in Bamberg gerne zur Zubereitung von Brezenklößen (ähnlich den Semmelklößen) verwendet.
Herstellung:
Anisbrezen werden traditionell vom 30.11. bis Aschermittwoch oder Gründonnerstag gebacken. In manchen Regionen ist der Zeitraum auf die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr begrenzt.
Jahreskalender:
Sie können die Spezialität im Herbst, im Winter und zu Weihnachten genießen.
Genusstipp:
Anisbrezen isst man frisch mit Butter zum Kaffee (gerne wurde früher auch in den Kaffeetopf eingetaucht), gelegentlich auch zum Punsch. Auch zur Brotzeit mit Wurst und Käse, oder zu deftigem Essen wie Schlachtschüssel, Krenfleisch, Sülze und Braten sind sie zu Bier und Wein eine angenehm würzige Beilage. Anis ist ein ausgesprochenes wohltuendes Wintergewürz.
Literatur:
http://www.food-from-bavaria.de; „Spezialitätenland Bayern“, Artikel „Bayrische Brezn“
Valentin, Hans E.: Brezen, Kletzen Dampedei, Regensburg 1978, (S. 34.)
Gerhard, Frank: Kulinarische Streifzüge durch Franken, Stuttgart 1990, (S. 166.)
Autoren:
Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt, Gunter Wagner
Rezept
Ein Bayreuther Rezept für Anisbrezen:
In 1800 g fertigen Semmelteig werden 100 g Roggenmehl, 5 g Salz, 10 g Zucker, 20 g Milchpulver, 40 g Butter und 40 g in Milch eingeweichter Anis geknetet. Diese Menge ergibt 30 köstlich knusprige Anisbrezen