Bocksbraten

Saisonale Spezialität
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Gilt für Gourmets in ganz Europa das Osterzicklein als Delikatesse, steht in Oberfranken der Bocksbraten an vorderster Stelle unter den beliebtesten Gerichten der spätsommerlichen und herbstlichen Kerwa-Zeit. Verwendet wird dazu das Fleisch ausgewachsene Böcke, die man nicht mehr über den Winter füttern oder mit den Ziegen zusammen aufstallen wollte, oder gelegentlich auch Bratenstücke von der Ziege. Dies widerspricht der landläufigen Meinung, dass man das Fleisch ausgewachsener Tiere wegen des strengen Eigengeruchs nicht verwenden könne. Einer der wichtigsten Gewährsmänner für überlieferte Rezepturen ist Johann Albrecht Grunauer, der zeitweilig Mundkoch der Markgräfin Elisabeth Sophie war, einer Tochter des Großen Kurfürsten, in zweiter Ehe verheiratet mit Markgraf Christian-Ernst von Brandenburg-Bayreuth-Kulmbach. Grunauer führte spätestens ab 1722 in Christian-Erlangen, also in der von Christian Ernst für auswandernde französische Hugenotten gegründeten Erlanger Neustadt, das Gasthaus „Schwarzer Adler“ und publizierte 1733 ein 1030 Rezepte umfassendes Kochbuch, das die kulinarische Spannbreite der gutbürgerlich bis höfischen Küche dieser Zeit in wünschenswerter Fülle darstellt. Unter seinen vielfältigen und auch nach heutigen Begriffen ungemein kreativen Gerichten finden sich verschiedene Rezepturen sowohl für Bocksbraten wie auch für Ziegenbraten.

Wie in vielen Regionen gelten in Oberfranken die genügsamen Ziegen als „Kühe des kleinen Mannes“, die sich auch da, wo wenig Platz und Futter vorhanden war, problemlos halten und ernähren ließen. Selbst bei üppigerem Futterangebot begnügen sich Ziegen mit Kräutern und Blättern und fressen nur wenig Gras, so dass sie keine Futterkonkurrenten für Kühe oder Schafe darstellen. Ihre ausgeprägte Kletterfähigkeit macht sie selbst für steile Berghänge geeignet. Als typisch fränkisch gilt die genetisch hornlose, braune Frankenziege (siehe dort), die sich sowohl durch Milch- wie durch Fleischleistung auszeichnet. Bei reiner Fleischproduktion setzen einige Ziegenhalter heute auf die aus Südafrika stammende, sehr kompakte Burenziege, deren zartes Fleisch auch bei Böcken den typischen Geruch nicht annimmt.

Nicht ganz sicher sind Vermutungen, dass der Bocksbraten als typisches Kerwagericht mit dem schon im Alten Testament belegten rituellen Brauch zu tun hat, junge Böcke als Fleischopfer darzubringen. Schon im Buch Moses werden ebenfalls Rituale überliefert, nach denen junge Böcke stellvertretend als Sündenböcke ausgelost und in die Wüste getrieben wurden. Schließlich spielen viele überlieferte Märchen mit der Thematik, wenn z.B. unheimlichen und bösen Mächten als Lohn für geleistete Hilfestellungen statt der erwarteten Seele ein Ziegenbock überlassen wird. Möglicherweise sind aber diese Verbindungen im Zusammenhang mit dem fränkischen Bocksbraten etwas zu weit gegriffen.

Jahreskalender:

Sie können die Spezialität zur Kerwa-Saison genießen.

Genusstipp:

Johann Albrecht Grunauer kennt verschiedene Zubereitungsformen für Bocksbraten oder auch Ziegenbraten allgemein. Dabei wird das Fleisch bei ihm grundsätzlich zunächst in einer guten Fleischbrühe gekocht, die dann z.B. mit etwas Essig oder Wein und verschiedenen Gewürzen sauer abgeschmeckt wird. Bei jüngeren Tieren empfiehlt er eine Eierbrühe. Außerdem kennt er verschiedene Zubereitungsformen, bei denen frische Kräuter wie Salbei, Majoran oder auch Sauerampfer zum Würzen der kräftigen Fleischbrühe verwendet werden.

Literatur:

Johann Albrecht Grunauer, Das vollständige und vermehrte, auf die neueste Art eingerichtete Kochbuch, Nürnberg 1733 (Reprint Würzburg 2008); (S. 105 – 108)

Autoren:

Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt

Rezept

Bocksfleisch in einer sauren Brüh‘

Zutaten:

1-2 kg Bocksbraten, ev. auch als Rollbraten vorbereitet, etwas Schmalz oder Butterfett, 1-2 Essl. Mehl, eine Handvoll klein geschnittener Zwiebeln, 1 l kräftige Fleischbrühe, 1-2 Essl. Essig, ggf. etwas Rotwein, ev. Lorbeerblatt, Pimentkörner und Nelken, Salz, Pfeffer, ev. Kümmel

Zubereitung:

Diese Zubereitung entspricht der heute noch gebräuchlichsten Form. Das Fleisch salzen und würzen, ev. zerkleinern oder je nach Größe bzw. als Rollbraten im Ganzen in einem Topf mit Fleischbrühe aufsetzen und kochen. Dann in einer Pfanne das Schmalz erhitzen, 1-2 Essl. Mehl hineinstäuben und kräftig anrösten. Die Zwiebeln dazugeben und ebenfalls anrösten, damit die Soße Farbe bekommt. Das Ganze mit Fleischbrühe ablöschen und mit Essig oder Rotwein leicht sauer abschmecken. Mit Salz und Pfeffer und nach Geschmack mit Kümmel würzen. Das gekochte Fleisch in die Soße geben, nochmals erhitzen und anrichten.

Bocksbraten mit Kräutern

Zutaten:

Zutaten wie oben. Für die Soße verwendet Johann Albrecht Grunauer z.B. Salbeiblätter oder Majoran. Auch eine Soße aus Sauerampferblättern ist überliefert.

Zubereitung:

Zubereitung wie oben. Das Ziegen- oder Bocksfleisch wird zunächst in einer guten Fleischbrühe gekocht und anschließend portionsgerecht zerkleinert. Für die Soße Mehl in Fett anrösten, Zwiebeln dazugeben und mit reichlich Kräutern abschmecken. Mit Fleischbrühe aufgießen und das Fleisch darin anrichten.

Hier können Sie "Bocksbraten" genießen:

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