Karpfen „blau“
im Blausud gedünsteter Karpfen, fränkischer Weihnachtskarpfen
Saisonale SpezialitätDer blau gekochte Karpfen ist in Oberfranken ein typisches Gericht zu Heiligabend. Aber auch zu vielen anderen Gelegenheiten wird er zuhause oder in der Gastronomie gerne im urtypischen Blausud zubereitet.
Traditionell wurde die Vorweihnachtszeit oder zumindest der Heilige Abend in Franken als Fastenzeit begangen, in der man auf Fleischgenuss verzichtete. Von den Klöstern ausgehend entwickelte sich die Gewohnheit, in dieser Zeit Fisch in gekochter Zubereitungsform zu essen. Dabei galt Fisch als die typische Speise der ersten Christen und als Symbol für Christus selbst. So ergeben die griechischen Buchstaben des Wortes „FISCH“ = „ICHTHYS“ die Anfangsbuchstaben für das Akronym „IESUS CHRISTOS THEOS YOS SOTER“ (Jesus Christus, Gottes Sohn, Erretter). Auch in der Kunst, vor allem in der Stillebenmalerei des 17. Jahrhunderts, werden Fische häufig als christliches Symbol dargestellt.
Dieses kulturgeschichtliche Brauchtum erklärt, weshalb Fisch für die frühen Klöster und geistlichen Herrschaften so eine wichtige Rolle spielte. Auch in Oberfranken gehen viele, heute noch bestehende Fischteichanlagen auf die Zeit der frühen Klöster, namentlich der Zisterzienser zurück. Aus diesen Anfängen entwickelte sich der oberfränkische Spiegelkarpfen zur wichtigsten Fischart in der heimischen Teichfischzucht. Schon im Mittelalter gab es in den oberfränkischen Städten extra ausgewiesene Fischmärkte, auf denen vor Fastentagen oder in den jeweiligen Fastenwochen des Jahres Fische angeboten wurden. In Bamberg haben sich in der Nähe der Villa Concordia am linken Regnitzarm einige Teiche der seit dem 16. Jahrhundert nachzuweisenden alten Fischwinterung erhalten, in denen im Winter Fische als Fastenspeisen für die städtische Ratstafel gehalten wurden. Das Teichsystem wird noch heute durch den nahen Fluss mit Frischwasser versorgt und ist neben den vielen alten Teichanlagen der klösterlichen Fischhaltungen ein besonderes Beispiel der Wirtschaftsgeschichte und der Daseinsvorsorge in der alten Bischofsstadt Bamberg.
Heute werden in der oberfränkischen Teichwirtschaft Karpfen in naturnaher und ressourcenschonender Bewirtschaftung gezüchtet. Typisch ist in Oberfranken nach wie vor der hochrückige Spiegelkarpfen, der nach drei Jahren sorgsamer Aufzucht ein beachtliches Schlachtgewicht erreichen kann. Auch im Flussfischfang spielen Karpfen eine gewisse Rolle, doch stammen sie ebenfalls aus Besatzmaßnahmen. Der in verschiedenen Wildgewässern noch vorkommende beschuppte Wildkarpfen steht dagegen seit einigen Jahren auf der Liste der gefährdeten Tierarten und ist streng geschützt.
Neben weiteren Zubereitungsformen (siehe Karpfen gebacken) wird der beliebte Speisefisch in Oberfranken – auch außerhalb von Fastenzeiten – gerne „blau“ gekocht. Der in ganz Mitteleuropa zum Heiligen Abend klassisch im Blausud zubereitete Karpfen geht tatsächlich auf alte Fastenbräuche zurück, nach denen zumindest am Vorweihnachtstag fleischlos gegessen wird. Erst nach der Christmette wird mit frisch zubereiteten Mettenwürsten das Fasten gebrochen. So steht auch heute noch in vielen oberfränkischen Familien zum Heiligen Abend oder auch am ersten Weihnachtsfeiertag ein blau gekochter Karpfen auf dem Mittags- oder Abendtisch.
Die blaue Küche ist in der Zubereitung von Fisch also grundsätzlich eine Fastenküche, was allerdings nicht gleichzusetzen ist mit dem Verzicht auf eine besonders geschmackvolle Zubereitung. So harmoniert der würzige Blausud mit dem Karpfenfleisch besonders gut und macht es zart und bekömmlich. Dadurch bleiben auch wertvolle Inhaltsstoffe, wie insbesondere Omega-3-Fettsäuren der von regionalen Anbietern mit ausgewähltem Futter aufgezogenen Karpfen gut erhalten.
Deshalb steht ein blau gekochter Karpfen heute auch unabhängig von jedem Brauchtumshintergrund ganz oben auf der ernährungsbewussten Gesundheitsküche. Mit frischen Salzkartoffeln, Butter und Meerrettich ist er ein Hochgenuss. Dazu schmeckt ein frischer Salat aus dem jahreszeitlichen Angebot.
Offenlegungsdatum:
Fisch und insbesondere Karpfen gehören seit dem frühen Mittelalter zu den in Oberfranken gebräuchlichen Fastenspeisen.
Aufbewahrung / Haltbarkeit:
Karpfen sollte frisch verarbeitet werden. Übrig gebliebenes, gekochtes Karpfenfleisch lässt sich auf verschiedene Art zur Fischsülze oder auch zu einer fein-würzigen Fischmousse weiterverarbeiten.
Jahreskalender:
Sie können die Spezialität zu Heiligabend, zu Weihnachten, zur Fastenzeit, im Herbst und im Winter genießen.
Genusstipp:
Traditionell isst man blau gesottenen Fisch mit Salzkartoffeln und frisch geriebenem Meerrettich. Dazu schmeckt ein frischer fränkischer Weißwein besonders gut. Übrig bleibendes Karpfenfleisch lässt sich zu einer feinen Fischsülze weiterverarbeiten.
Autoren:
Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt
Rezept
Karpfen im Blausud
Zutaten:
Ein großer Karpfen (1 – 2 kg), 125 ml Essig, 125 ml Weißwein, etwa 1 1/2 – 2 l Wasser, Wurzelgemüse wie 1 Zwiebel, 1 kleine Stange Lauch, 1 Möhre, etwas Sellerie und 1 Petersilienwurzel, Salz, Pfeffer, 6 Wacholderbeeren, 1 Lorbeerblatt sowie nach Geschmack etwas Rosmarin, Majoran, Thymian und Beifuß.
Salzkartoffeln, frisch geriebener Meerrettich, evtl. frisch geschlagene Sahne zum Ablöschen.
Zubereitung:
Am besten kauft man einen bereits küchenfertig vorbereiteten Karpfen. Falls man den nicht bekommt: Fisch waschen, schuppen und ausnehmen. Man übergießt den Fisch mit dem Essig, damit er sich leicht blau färbt, dann gibt man ihn in den fertig vorbereiteten und heiß aufgekochten Sud (Gemüse gut klein schneiden!) und lässt ihn darin 25 – 30 Minuten behutsam garen. Man sollte darauf achten, den Fisch nicht zu oft mit den Fingern anzufassen, da sich die Abdrücke in der blauen Fischhaut abzeichnen.
Ist der Karpfen fertig gedünstet, legt man ihn vorsichtig auf eine Platte und serviert ihn mit Salzkartoffeln, ausgelassener Butter und frisch geriebenem Meerrettich.
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