Lebkuchen
Honigkuchen; in Teilen Bayerns wird "Magenbrot" als Synonym für "Lebkuchen" verwandt, wobei es sich dabei um eine andere Art von Gebäck handelt; im östlichen und nördlichen Deutschland ist die Bezeichnung "Pfefferkuchen" vorherrschend
Saisonale SpezialitätFeine Lebkuchen werden in der Advents- und Weihnachtszeit in vielen oberfränkischen Bäckereien sowie von einigen spezialisierten Manufakturen angeboten. Ihre lange Tradition hat letztlich einen Ursprung in den alten Klosterbäckereien, wo Honig- und Gewürzbrote nach überlieferten Rezepturen schon seit dem 11. und 12. Jahrhundert als Heilmittel sowie zur Stärkung bei Krankheiten und in der Fastenzeit gebacken wurden. In der christlichen Symbolik spielen Gewürze, Honig, Mandeln und Nüsse zudem eine wichtige Rolle. Sie belegen, dass viele traditionelle Lebensmittel aus einem überlieferten Brauchtum abgeleitet werden und uns heute noch spannende Geschichten erzählen können.
Erste Lebkuchenbäcker außerhalb der Klostermauern werden 1296 in Ulm und 1395 in Nürnberg erwähnt. Hier erlebt das Gewerbe der Lebzelter schon bald eine ungeahnte Blüte, so dass sich mit der Zeit die heute geschützte Herkunftsbezeichnung „Nürnberger Lebkuchen“ zu einem besonderen Qualitätsbegriff entwickelte. Aber auch in einigen oberfränkischen Städten gab es spätestens nach der Mitte des 17. Jahrhunderts Lebkuchenbäcker, die ihre Erzeugnisse nach unterschiedlichen regionalen Rezepturen anboten (siehe auch Pfeffernüssla). Während sich in Nürnberg spezialisierte Manufakturen entwickelten, blieben Lebkuchen in Oberfranken ein typisches Produkt der handwerklich arbeitenden Bäckereien. Auch heute noch stellt fast jede Bäckerei ihre Lebkuchen nach überlieferten Familienrezepten her. Es ist daher kein Wunder, wenn diese überall unterschiedlich schmecken und oft nur in begrenzter Menge zur Verfügung stehen.
Aber auch in den häuslichen Backstuben werden Lebkuchen nach teilweise originellen Rezepten hergestellt. Eines davon stammt aus Bamberg und verwendet in sparsamer Resteverwertung klein geschnittene, altbackene Hörnchen im Grundteig, die diesem eine besonders lockere Konsistenz geben.
Lebkuchen aus handwerklicher oder industrieller Fertigung können zwischen 10 % und 50 % Mehl enthalten. Unter der Qualitätsbezeichnung Elisenlebkuchen werden sie traditionell ohne Mehl bzw. mit einem geringen Gehalt an max. 10 % Getreidemahlerzeugnissen hergestellt. Man erhält sie „weiß“ mit Zuckerglasur, „schwarz“ mit Schokoladenüberzug oder einfach „natur“, manchmal auch mit Mandeln verziert, angeboten. Zu einem gemütlichen Kaffeetisch in der Advents- und Weihnachtszeit gehören die köstlichen Elisenlebkuchen unbedingt dazu.
Die Geschichte der Lebkuchen reicht bis in die Antike zurück. Bereits in ägyptischen Königsgräbern fand man eine Art Honigkuchen, der den verstorbenen Pharaonen als kostbare Beigabe auf den Weg in die Ewigkeit mitgegeben wurden. Die Römer kannten den panus mellitus: Honig wurde auf einen Kuchenteig gestrichen und gebacken. Eine Handschrift des 11. Jahrhunderts aus dem Kloster Tegernsee überliefert den Begriff „Pfefferkuchen“, wobei der Begriff „Pfeffer“ damals allgemein Gewürze, vor allem aber solche orientalischen Ursprungs, wie Zimt, Nelken, Anis, Kardamom, Koriander, Ingwer und Muskat bezeichnete. Über die alten Klosterbäckereien wurden Pfeffer- und Honigkuchen vor allem als Fastengebäcke bekannt. Man aß sie u.a. auch zu einem starkem Bier.
Für die mittelalterlichen Menschen waren Lebkuchen jedoch kein Genussmittel, sondern eine mit altem Brauchtumswissen und christlicher Symbolik angereicherte Kostbarkeit. Die Siebenzahl der verwendeten Gewürze sowie ihre legendäre Herkunft aus dem Reich der Königin von Saba führte dazu, dass man ihnen im christlichen Leben vielfältige Bedeutung zusprach. So gilt die Sieben allgemein als Zahl der Schöpfung. In sieben Tagen schuf Gott die Welt; er gab auch dem Wochenrhythmus sieben Tage. Die Sieben regelt daher den Lebensrhythmus und erinnert daran, das Gottes Gesetze das ganze Leben durchdringen wie die Gewürze den Lebkuchenteig. Aufgrund ihrer orientalischen Herkunft wurden sie schließlich mit den Gaben der Weisen aus dem Morgenland gleichgesetzt, die das neugeborene Christuskind in der Krippe beschenkten. Auch die Süßigkeit des Honigs ist eine gebräuchliche christliche Metapher, fließen doch nach der biblischen Überlieferung im Heiligen Land Milch und Honig. Haselnuss und Mandel wiederum gelten aufgrund der harten Schale und des bitter-süßen Kerns als Symbole für Geburt, Tod und Auferstehung Christi. Diese Bedeutungen erklären auch, weshalb sich Lebkuchen später als typisches Gebäck zur Weihnachtszeit entwickeln konnten.
Bereits um 1300 hatte sich Nürnberg aufgrund seiner Lage im Schnittpunkt europäischer Gewürzhandelsstraßen eine Monopolstellung erwerben können. Dominierte zunächst der Landweg über Kiew, Lemberg und Krakau, verlagerte sich der Gewürzhandel im 15. Jh. auf den Levantehandel der venezianischen und Genueser Kaufleute sowie schließlich im 16. und 17. Jh. auf den Seeweg über Ostindien, den holländische und englische Kompanien dominierten.
Der Honighandel hatte in Nürnberg, das gerne als des „Kaisers und des Reiches Bienenkorb“ bezeichnet wurde, wie auch in einigen anderen oberfränkischen Städten eine lange Tradition. Schon 1350 verlieh Kaiser Karl IV. den Nürnberger Zeitlern, also dem Stand der Wildbienenzüchter, besondere Rechte und Freiheiten. Haselnüsse waren schließlich auch an den heimischen Wald- und Feldrändern als Hecken verfügbar, Mandeln wurden aus romanischen Ländern bezogen.
Bereits im 13. und 14. Jahrhundert bildete sich das Gewerbe der Lebzelter heraus, das aber zunächst zur Bäckerzunft gehörte. Erst nach dem Nürnberger Lebkuchenkrieg von 1643 konnten sie sich auch in anderen fränkischen Städten – wie etwa in Coburg – als eigenständige Zunft etablieren.
Der Begriff „Lebkuchen“ findet sich erstmals in einem Nürnberger Zinsbuch von 1409. Sehr wahrscheinlich ist seine Ableitung aus dem lateinischen Wort „libum“ als Bezeichnung für Fladen, Flachkuchen oder Opferkuchen. Lebkuchen wurden ursprünglich in Holz- oder Steinmodeln geformt. 1487 soll Kaiser Friedrich III. etwa 4000 Lebkuchen, die in einer Model mit seinem Konterfei gebacken wurden, an die Nürnberger Kinder verteilt haben. Erst im 16. Jahrhundert ging man dazu über, Lebkuchen auf Oblaten zu backen. Im Jahr 1720 erkrankte der Legende nach die Tochter eines Nürnberger Lebzelters schwer, weshalb ihr der besorgte Vater einen Lebkuchen nur aus Nüssen, Gewürzen und Ei buk. Nach ihrer Genesung erhielt dieses Gebäck den Namen des Mädchens, nämlich Elisenlebkuchen. Im Unterschied zu herkömmlichen Lebkuchen dürfen Elisenlebkuchen auch heute kein Mehl enthalten, weshalb sie besonders wohlschmeckend, aber auch teuer sind.
Mit der beginnenden Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert entwickelten viele Bäcker und Konditoren in Oberfranken ihre eigenen Lebkuchenrezepturen. Nun konnten Gewürze und andere Rohstoffe auch zu immer erschwinglicheren Preisen erworben werden, so dass auch weniger begüterte Schichten sich Lebkuchen leisten konnten. Überliefert wird, dass der Dichter Jean Paul für eine Art Pfeffernüssla aus Bad Berneck und Bayreuth schwärmte, die er gerne zu einem würzigem braunen Bier trank und sich auf vielen Reisen nachschicken ließ. Auch die Coburger Schmätzle und Coburger Goldschmätzle, die aus einem einfachen Sirupplätzchen entwickelt wurden, oder das Fichtelgebirgspumpernickel aus Marktredwitz sind typische Lebkuchenprodukte dieser Zeit, die dann nur noch zur Advents- und Weihnachtszeit gebacken wurden. Für Bamberg ist ein Lebkuchenrezept überliefert, für das man anstelle des Mehls altbackene Bamberger Hörnchen verwendete. Aus dem Fichtelgebirge stammen Lebkuchenspezialitäten die das Mehl z.T. durch Kartoffelteig ersetzen. In der allgemeinen Küche fanden schließlich etwas einfachere Soßenlebkuchen Verwendung, die in vielen Bäckereien angeboten wurden. Ihre kulinarische Tradition geht ebenfalls bis ins Mittelalter zurück, als man insbesondere Fleischspeisen gerne mit kräftigen orientalischen Gewürzen und süßem Honig aromatisierte.
Schließlich machte die Industrialisierung auch vor der Lebkuchenproduktion nicht halt. Vor allem in Nürnberg etablierten sich Betriebe, die sich auf einer Sonderschau der Bayerischen Landesausstellung 1906 als maschinelle Lebkuchenfabrikanten präsentieren konnten. Auch in Weißenstadt (Fichtelgebirge) begründete der Konditormeister Heinrich Leupold eine als Manufakturbetrieb geführte Lebkuchenfabrikation, in der neben Oblatenlebkuchen auch nach wie vor ein Soßenlebkuchen hergestellt und weltweit vertrieben werden.
Heute gelten Lebkuchen als ein traditionelles Weihnachtsgebäck. In ländlichen Gebieten ist als Datum für das Ansetzen eines Lebkuchenteigs der 30. November, also der Andreastag, überliefert. Da man als Triebmittel für den Lebkuchenteig Pottasche oder Hirschhornsalz verwendet, die ihn locker und elastisch machen, aber nicht in die Höhe treiben, ist es vorteilhaft, ihn vor der Verarbeitung eine Zeit lang ruhen zu lassen. Hirschhornsalz verleiht dem Rohteig einen etwas eigenartigen Geschmack, seine Säure verhindert aber die Bildung von Bakterien, sodass die Lebkuchen lange haltbar werden. Bei einem höheren Anteil an Nüssen, Mandeln und Eiern und geringeren Zugaben von Mehl im Teig kann auf weitere Triebmittel verzichtet werden.
Offenlegungsdatum:
Lebkuchen werden seit dem Mittelalter in Franken in verschiedenen Rezepturen gebacken.
Aufbewahrung / Haltbarkeit:
Nach alten Rezepten hergestellte Qualitäts-Lebkuchen lassen sich in einer verschlossenen Gebäckdose über lange Zeit frisch halten.
Jahreskalender:
Sie können die Spezialität im Winter und zu Weihnachten genießen.
Genusstipp:
Lebkuchen kann man heute in vielen verschiedenen Formen genießen. Die typischen weihnachtlichen Lebkuchen schmecken besonders zum Kaffee oder auch zu Glühwein und Punsch. Jean-Pauls Pfeffernüsse kann man außerdem zu Bier oder Wein probieren. Der Soßenlebkuchen ist die Grundlage für einen traditionellen fränkischen Sauerbraten.
Literatur:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lebkuchen;
Otto Schlisske, Apfel, Nuß und Mandelkern, Was unsere Advents- u. Weihnachtsbräuche eigentlich bedeuten, Stuttgart 1968.
Autoren:
Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt
Rezept
Zutaten:
Neben Honig (häufig teilweise oder ganz durch Zucker ersetzt) und Gewürzen (Zimt, Nelken, Anis, Kardamom, Koriander, Ingwer, Muskat) bestehen Lebkuchen vor allem aus Nüssen und Mandeln sowie wenig (10 % – max. 50 %) oder auch gar keinem Mehl (= Elisenlebkuchen). Als Triebmittel wird Hirschhornsalz oder Pottasche (oder auch beides) verwendet, wodurch der noch ungebackene Teig einen bitteren Geschmack erhält. Weitere Zutaten sind Zitronat, Orangeat oder Pomeranzenschale. Gelegentlich wird mit Rosenwasser, Rum oder Arrak gewürzt.
Zubereitung:
Aus den Zutaten wird ein schwerer und fester Teig hergestellt, der vor dem Backen längere Zeit ruhen muss, damit die Triebmittel ihre Wirkung entfalten. Durch die Verwendung von Hirschhornsalz oder Pottasche geht der Teig nicht so stark auf, sondern eher in die Breite. Hirschhornsalz oder Pottasche lockern den Teig, machen ihn elastischer und geben ihm etwas mehr Volumen. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie Bakterien abtöten und verhindern, dass Schimmel entsteht. Da Hirschhornsalz aber im Verdacht steht, die Entstehung von Acrylamid zu begünstigen, verwenden viele Bäckereien inzwischen Natron als alternatives Backtriebmittel. Die Lagerzeit für Lebkuchenteig betrug oft mehrere Wochen. Als traditionelles Datum für sein Ansetzen ist der 30. November, also der Andreastag, überliefert.
Der bearbeitungsfähige Teig wird portionsweise auf Oblaten gestrichen und bei ca. 150 °C im vorgeheizten Backofen etwa 30 Min. gebacken. Man kann die Lebkuchen mit Zuckerglasur oder Schokolade überziehen und mit abgezogenen und halbierten Mandeln verzieren.
Lebkuchen aus Hörnchenteig
Zutaten:
200g Mehl, 5 altbackene Butterhörnchen, 350 g fein gemahlene Nüsse, 500 g Zucker (kann auch durch Honig ersetzt werden), 50g Zitronat, 50g Orangeat, abgeriebene Zitrone, 2 Teelöffel Zimt, 1 Msp. Kardamon, 2 Msp. gemahlene Nelken, 2 Msp. gemahlene Muskatnuss, nach Geschmack Ingwer, Anis, Koriander), 5 g Pottasche, 2 – 3 Eier, Zitronensaft, Oblaten
Zubereitung:
Die Butterhörnchen werden fein zerrieben und mit Mehl, Nüssen und Zucker vermischt. Die Pottasche gut untermischen. Dann die Eier dazugeben und alles gut verkneten. Die übrigen Zutaten und Gewürze unterheben. Nun lässt man den Teig an einem dunklen und kühlen Ort mehrere Tage ruhen, bis sich die Wirkung der Pottasche entfaltet. Dann rollt man den Teig aus und sticht Figuren aus oder streicht ihn portionsweise auf Oblaten und bäckt diese etwa 20 Minuten bei 150 °C.
Kartoffellebkuchen
Zutaten:
350 g Zucker, 250 g fein gemahlene Haselnüsse, 250 g gekochte und fein geriebene Kartoffeln, 200 – 225 g Mehl, 3-4 Eier, 50 g Zitronat, 50 g Orangeat, Lebkuchengewürze, 1 Päckchen Backpulver
Zubereitung:
Die Zutaten für den Teig können leicht variieren, je nachdem wie trocken der Kartoffelteig wird. Evtl. erhöht man die Zugabe an Zucker und Mehl oder auch an Eiern. Eier und Zucker werden schaumig gerührt, zunächst mit Mehl und dem untergerührten Backpulver vermischt, dann gibt man die übrigen Zutaten und die geriebenen Kartoffeln dazu. Gut kneten, bis ein glatter Teig entsteht. Man streicht ihn portionsweise auf Oblaten und backt diese bei etwa 180°C ca. 20 Minuten.
Lebkuchen aus Kartoffelteig werden besonders saftig, sind aber nicht so lange haltbar wie Lebkuchen mit Pottascheteig.