Rehbraten auf oberfränkische Art
Ein zartes Stück Rehbraten aus der Keule oder vom Rücken mit Kloß und Blaukraut serviert, gehört in Oberfranken zu den Festtagsgerichten für besondere Anlässe. Viele Gaststätten in Stadt und Land beziehen in der Saison frisches Wildbret aus heimischen Revieren und verwöhnen ihre Gäste mit einem vielfältigen Angebot. Für die Zubereitung am heimischen Herd bieten spezialisierte Metzger sowie Jäger und Direktvermarkter küchenfertige Bratenstücke in unterschiedlicher Größe an. Neben den klassischen Schmorbraten lassen sich Filets vom Reh auch kurzgebraten zubereiten. Aus weniger edlen Teilen zaubern erfahrene Köche und Köchinnen wunderbare Pasteten und Terrinen, die als Vorspeisen zu Salat jedes Menü aufwerten.
Das Reh ist die in Deutschland häufigste Haarwildart. Ausgewachsene Ricken oder Böcke erreichen ein Gewicht zwischen 15 und 25 Kilo. Ursprüngliche Waldreviere, Waldrandzonen sowie offenes Busch-, Acker- und Grasland bieten dem Rehwild einen natürlichen Lebensraum. Um die Bestandsdichte bei Rehwild zu kontrollieren, wird es unter Beachtung vorgeschriebener Schonzeiten, die sich nach dem natürlichen Lebensrhythmus der Tiere richten, von Mai bis Januar bejagt.
Wildfleisch aus freier Wildbahn ist ein ausgesprochen gesundes Lebensmittel, das in Bayern ständig auf Cäsium-Werte überprüft wird. Es ist fettarm, reich an Eiweiß, Vitaminen und wichtigen Mineralstoffen. Überdies liefert es in reichen Mengen die lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann. Wildbret vom Reh wird wegen seines aromatischen und feinfaserigen Fleisches besonders geschätzt.
Die Jagd auf wild lebende Tiere geht auch in Oberfranken bis in die Anfänge der menschlichen Entwicklung zurück. Dies belegen zahlreiche archäologische Funde aus der Alt- und Mittelsteinzeit z.B. aus dem Großen Hasenloch bei Pottenstein (Landkreis Bayreuth), aus dem Philippenloch oberhalb der Weihersmühle oder von der Schrägen Wand im Bärental (beide Landkreis Lichtenfels).
Bis ins 7. Jahrhundert war die Ausübung der Jagd ein freies Recht. Erst mit der fränkischen Landnahme wurde daraus mit der Ausweisung der Bannforste ein herrschaftliches Privileg, das über die Sonderstellung des Adels zutiefst in Gesellschaft, Sozialordnung und Kultur hineinwirkte. Im ausgehenden Mittelalter zum Jagdregal, also zur alleinigen Ausübung der „hohen Jagd“ durch den Landesherrn erweitert, waren die überzogenen Frondienste der Bauern sowie die erheblichen Jagd- und Wildschäden an Wald und Flur auch eine der vielfältigen Ursachen für die gerade in Franken heftig aufflammenden Bauernkriege.
Im 17. und 18. Jahrhundert gehörten prunkvolle Jagden zu den herausragendsten gesellschaftlichen Anlässen. Um Stand, Rang und Namen zu repräsentieren, ließen sich kleinere und größere Herren in ihren Waldrevieren Jagdschlösser errichten, die verschwenderisch mit plastischen und bildlichen Darstellungen der höfischen Jagd ausgestattet waren. So dienten u.a. Schloss Seehof bei Bamberg, Schloss Thiergarten bei Bayreuth oder Schloss Callenberg bei Coburg als glanzvolle Rahmen für adelige Jagdspektakel.
Erst in der Reichsverfassung von 1849 wird das Jagdrecht an das Eigentum von Grund und Boden gebunden. Zugleich werden alle Jagddienste ohne Entschädigung aufgehoben. Dies bedeutete das Ende der Jahrhunderte lang gültigen Verbindung von Jagd und Adel, Privileg und Stand und war der entscheidende Schritt zur bürgerlichen Jagd. Heute ist der größte Teil des Jagdrechts im Bundesjagdgesetz und in den Jagdgesetzen der Länder geregelt.
Die jahrhundertelange Privilegierung der Jagd als adliges Vorrecht trug dazu bei, dass Wildbret nur zu besonderen Anlässen in der bäuerlichen oder bürgerlichen Küche Verwendung fand. Ein sorgfältig zubereiteter Rehbraten mit feinen Zutaten und Beilagen gilt daher auch heute noch als das Festessen schlechthin.
Jahreskalender:
Sie können die Spezialität ganzjährig genießen.
Genusstipp:
Als dunkles Fleisch wird Rehbraten klassisch mit Rotwein serviert, der häufig zugleich Grundlage für die Soße ist. Wer gerne etwas Neues ausprobiert, kann hierfür ohne weiteres auch ein dunkles Bier verwenden. Als Beilagen werden grüne Klöße, ev. auch ein Serviettkloß, Blaukraut und Preiselbeeren gereicht.
Literatur:
Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft: Von Hirschen und Menschen
Autoren:
Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt
Rezept
Geschmorte Rehschulter mit Klößen und Blaukraut
Zutaten:
1 1/2 – 2 kg Rehschulter, küchenfertig ausgelöst, ca. 10 Scheiben fetten Speck, 3/4 l Wildfond oder Fleischbrühe, etwa 1/4 l Rotwein. Suppengemüse wie Zwiebel, Möhre, Selleriescheibe, Lauch; 5 – 6 Wacholderbeeren, 1/2 TL schwarze Pfefferkörner, 1/2 TL Koriander, Salz, evtl. Zucker; 1 kl. Becher saure Sahne.
Zubereitung:
Am besten gelingt der Rehbraten, wenn man ihm ordentlich Zeit lässt!
Rehfleisch ist von Natur aus sehr mager, es kann daher beim Schmoren zu trocken werden. Deshalb empfiehlt es sich, den Braten mit Speck abzudecken (bardieren). Außerdem sollte man nicht zu hohe Schmortemperaturen wählen. Nach einigen Rezepten lässt man den Braten in einer Beize aus Wasser, 1/8 l Essig, 1/4 l Rotwein, Gewürzen und Wurzelgemüse mehrere Tage ziehen und verfährt dann folgendermaßen:
Man reibt das Bratenstück zunächst von allen Seiten mit den zerstoßenen und gemahlenen Gewürzen ein, brät es rundum in heißem Fett an und deckt es mit Speck ab. Das klein geschnittene Gemüse evtl. mit einem Löffel Zucker dazu geben, anbraten lassen und mit Rotwein ablöschen. Die Brühe angießen und alles bei etwa 190 °C im Ofen schmoren lassen (ca. 2 Std.). Dabei regelmäßig mit Bratensud übergießen. Wenn der Braten fertig ist, herausnehmen und in Portionsstücke schneiden. Den Sud passieren und mit einer braunen Mehlschwitze etwas andicken. Mit saurer Sahne schön sämig verrühren.