schwarzblaue Frankenwald-Kartoffel

Schwarzblaue aus dem Frankenwald
Saisonale Spezialität
  • schwarzblaue Frankenwald-Kartoffel

Bekanntermaßen gehört Oberfranken zu den ältesten Kartoffelanbaugebieten Mitteleuropas. Sicher nachweislich ist bereits um 1647 bei Pilgramsreuth im Landkreis Hof der wohl früheste feldmäßige Anbau von Kartoffeln auf deutschem Boden (siehe Fichtelgebirgserdäpfel).

Auch für die Stadt Hof ist ein frühes Vorkommen der Erdäpfel belegt. So pflanzte der Apotheker und Botaniker Michael Walburger, wie im übrigen viele seiner Berufskollegen, erstmals am 19. April 1665 Kartoffeln in seinem Garten und berichtete darüber in seinem Hausbuch. Weitere regionale Stationen auf dem Siegeszug der Kartoffel durch Oberfranken waren Selbitz, wo um 1650 Kartoffeln durch die Grafen von Tettenbach angebaut wurden, sowie um 1668 Stockenroth und Helmbrechts.

Der frühe Anbau der Kartoffeln im Frankenwald und im Fichtelgebirge weist neben anderen Zusammenhängen auch auf die Folgen eines dramatischen Klimaeinbruchs um die Wende zum 18. Jahrhundert, der in den Analen auch als „Kleine Eiszeit“ beschrieben wird und der Landwirtschaft in Mitteleuropa ein neues Gepräge gab. Aufgrund von Spekulationskäufen des ohnehin knappen Getreides kam es zu Engpässen in der Versorgung der Bevölkerung mit erschwinglichen Nahrungsmitteln, so dass sich Kartoffeln als Alternative zu Getreide allmählich als Grundnahrungsmittel durchsetzen konnten.

Leider ist über die ursprünglich in diesen Regionen angebauten Sorten wenig bekannt. Viele von ihnen mögen sich für einen feldmäßigen Anbau nicht geeignet haben oder waren den raueren klimatischen Bedingungen und den Bodenverhältnissen Oberfrankens nicht gewachsen. In den Jahren 1846 bis 1849 vernichtete eine Kartoffelfäuleepidemie die angebauten Bestände fast vollständig. Danach wurden in ganz Europa neue, widerstandsfähige Sorten aus Südamerika eingeführt, um sie für die Züchtung resistenter Arten auf dem Kontinent zu verwenden. Auch das inzwischen wieder bekannte Bamberger Hörnchen, eine der französischen Sorte „La Ratte“ verwandte, regionale Besonderheit unter den oberfränkischen Kartoffeln, stammt wohl aus dieser Zeit.

Ebenso gehört die im Frankenwald um Carlsgrün noch vorkommende Sorte „Schwarzblaue Frankenwälder“, eine mehlige, runde Kartoffel mit schwarz-blauer Schale und gelbem Fleisch zu den Raritäten aus vergangenen Tagen. Der Masterarbeit des Augsburger Studenten Robert Bauer an der TU in Weihenstephan zufolge ist diese Kartoffel mit einer in Südtirol vorkommenden Sorte (Südtiroler 1) identisch, ohne dass sich bisher sagen lässt, welche der beiden Sorten von der anderen abstammt. Keine genetischen Übereinstimmung dagegen weist die Sorte Schwarzblaue aus dem Frankenwald zu anderen blauschaligen Kartoffelsorten auf, was ihr eine gewisse Alleinstellung beschert. Die Schwarzblaue wird als „Landsorte“ eingestuft, was bedeutet, dass sie züchterisch nicht bearbeitet wurde. Wikipedia definiert den Begriff der Landsorte folgendermaßen:

„Als Landsorte wird ein genetisch uneinheitlicher Formenkreis einer Kulturpflanzenart bezeichnet, der sich in der Regel aus mehreren morphologisch oder physiologisch voneinander abweichenden Typen zusammensetzt. Landsorten sind im Gegensatz zu Hochleistungssorten meist weniger ertragreich. Sie sind durch langandauernde, natürliche Selektion in einem bestimmten, meist eng umrissenen Gebiet entstanden und aus diesem Grund an die ökologischen Bedingungen in diesem sehr gut angepasst. Außerdem sind sie relativ ertragssicher, da sie durch die große Streuung ihrer genetischen Eigenschaften auf Standortsschwankungen (unter anderem Witterung) sehr flexibel reagieren.“

Der schwarzblaue Frankenwald-Erdapfel, der seit einiger Zeit die Aufmerksamkeit der Genussexperten von Slow-Food, insbesondere von Herrn Georg Lang, Mitglied des Conviviums Hohenlohe-Tauber-Main-Franken genießt, wurde lange Zeit nur noch von dem Carlsgrüner Land- und Gastwirt Fritz Gebelein und seinem Cousin Helmut Hornfeck angebaut. Andere Landwirte hatten die Sorte schon längst ausgemustert, da sie vom Blattroll-Virus befallen war. Der beeinträchtigt zwar nicht den Geschmack der Knolle, führt aber dazu, dass die Blätter kein Chlorophyll mehr bilden können und das Wachstum der unterirdischen Früchte gebremst wird. Somit ist die Schwarzblaue aus dem Frankenwald aktuell in ihrem Bestand stark bedroht und steht seit 2010 auf der roten Liste der bedrohten Pflanzenarten.

Auf Initiative von Slow-Food nahmen sich nun die Experten der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Weihenstephan der alten Traditionsknolle an und züchteten im Labor aus dem alten Material inzwischen eine kleine Menge von virusfreien Ablegern der „schwarz-blauen Frankenwälderin“. So ist zu hoffen, dass es bald wieder genügend virusfreie Saatkartoffeln der Sorte Schwarzblauen geben wird, die dann als offizieller Passagier in die Arche des guten Geschmacks von Slow Food aufgenommen werden könnte.

Jahreskalender:

Sie können die Spezialität im Herbst, im Frühjahr und im Sommer genießen.

Genusstipp:

Nach wie vor ist die originale schwarzblaue Frankenwaldkartoffel kaum zu bekommen. Im Wirtshaus Adelskammer, dem ältesten Wirtshaus des Frankenwaldes, steht sie jedoch noch auf dem Speisezettel. Wer ein paar Knollen aus privaten Zuchten erstehen kann, ist gut bedient. Kulinarisch und optisch überzeugend ist neben vielen Zubereitungsformen ein Kartoffelsalat aus blauen Kartoffeln.

Autoren:

Genussregion Oberfranken, Foto Reinhard Feldrapp; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt,

Zur Übersicht